"Wir können die Physik leider nicht überlisten“
Der Umweltbeigeordnete Platz erklärt vor erbosten Ringanwohnern in Nord, warum es keinen Lärmschutz für alle gibt.
Magdeburgs Umweltbeigeordneter Holger Platz hat die neue Lärmschutzwand in Nord am Ring gegen Kritik verteidigt. Für 85 Prozent der Anwohner sei eine deutliche Verbesserung erreicht worden. Auch für die übrigen rund 200 Mieter in den beiden obersten Etagen der Zehn-Geschosser gibt es einen Lösungsvorschlag.
von Robert Richter
Kannenstieg/Neustädter See ● In einem Bürgerforum mit rund 30 Besuchern in der Hoffnungsgemeinde sagte Platz am Dienstagabend: „Wir können die Physik leider nicht überlisten.“ Mit der für rund 3,9 Millionen Euro gebauten Lärmschutzwand am Magdeburger Ring in Nord sei der technisch
und fi nanziell bestmögliche Lärmschutz für so viele Anwohner wie möglich realisiert worden.
Sogar Karl-Heinz Huth aus der Hans-Grundig-Straße, einer der Kritiker, räumte ein: „Da hat die
Stadt für 1300 Anwohner eine tolle Tat vollbracht, das kann man gar nicht hoch genug einschätzen.“ Platz gab zu: „Den übrigen rund 200 Anwohnern, die wir nicht erreicht haben, nützt das wenig, das ist mir auch klar.“ Dieser Fakt sei im Vorfeld von der Stadt aber in allen Beschlussvorlagen benannt, jedoch in der Öffentlichkeitsarbeit womöglich nicht ausreichend betont worden, sagte Platz selbstkritisch. Die Folge: Von den Betroff enen kommen massive
Beschwerden (die Volksstimme berichtete mehrfach). „Die Enttäuschung ist nachvollziehbar“,
sagte Dr. Frank Thomas vom Ingenieurbüro Eco Akustik, das für die Planung zuständig war. Grund: Für die 9. und 10. Etagen sei zwar durch die sieben Meter hohe Lärmschutzwand
noch eine Minderung des Schallpegels um drei Dezibel erreicht worden, was einer Halbierung der Verkehrsstärke entspreche. Doch könne diese Lärmminderung nur im direkten Vergleich empfunden werden. Thomas demonstrierte dies an Hörbeispielen. Holger Platz anschließend: „Ich habe auch keinen Unterschied gehört.“ Mit anderen Worten: In den beiden obersten Etagen wird der Lärm vom Magdeburger Ring de facto genauso laut wahrgenommen wie bisher ohne Lärmschutzwand. Tiefb auamtschef Thorsten Gebhardt: „Verhindern ließe sich das nur, wenn wir den Ring einhausen würden. Doch das werden wir sicher alle nicht erleben, dass
eines Tages der Ring eingehaust wird.“ Weitere Mieter in weiteren Etagen seien betroff en, da durch Ringauf- und Abfahrten die Führung der Lärmschutzwände aufgeweitet werden musste, erklärte Frank Thomas. Einen Rechtsanspruch auf Lärmminderung gebe es ohnehin nur, wenn Straßen in bestehenden Wohngebieten neu gebaut oder erheblich erweitert werden, betonte Gebhardt. Um Gesundheitsgefahren für Anwohner zu reduzieren, würden jedoch bundesweit Lärmaktionspläne aufgelegt, die je nach Haushaltslage umgesetzt werden. Dennoch will der Umweltbeigeordnete Holger Platz sich für die bisher nicht spürbar entlasteten Mieter in Nord einsetzen. Zum einen müsse die Stadt sich darum bemühen, das Verkehrsaufkommen auf dem Magdeburger Ring nicht weiter zu erhöhen, zum Beispiel durch Straßenführungen im Zusammenhang mit dem Weiterbau der A14. Zum anderen lenkte Holger Platz die Aufmerksamkeit auf Schallschutzmaßnahmen der Vermieter. Zwar seien die Wohnungen in den Hochhäusern an der nördlichen Stadteinfahrt bereits mit Schallschutzfenstern ausgestattet, jedoch nicht mit sogenannten Schallschutzlüftern. Solche Geräte (Stückpreis rund 500 Euro) könnten die Frischluftzufuhr in Räumen sichern, ohne dass ein Fenster geöff net werden
müsste. „Wir haben in Kürze am Tisch des OB Gespräche mit den Magdeburger Wohnungsunternehmen zu verschiedenen Themen. Da werde ich Ihr Anliegen zur Sprache
bringen. Und ich bitte auch Sie, sich über Mieterbeiräte oder ähnliche Gremien für eine Nachrüstung mit solchen Lüftern bei ihrem Vermieter einzusetzen“, sagte Holger Platz an die betroffenen Anwohner gerichtet.(Quelle: Volksstimme)
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Hans-Dieter Karg (Mittwoch, 30 November 2011 16:22)
Sehr geehrte Damen und Herren,
die am 22.11.11 durchgeführte Beratung zu den Beschwerden über den ihrer Meinung nach nicht ausreichenden Schallschutz am Magdeburger Ring zeigte, dass es möglich und nötig ist bei Beschwerden mit einer ruhigen und sachlichen Diskussion einen konstruktiven Dialog mit den Bürgern zu führen. Im Mittelpunkt stand nicht die Frage aus und dem Grund, z.B. Beschluss des Stadtrates, wurde das und so so gemacht und damit Basta!
Hier ging es darum zu zeigen, warum aus rechtlichen, finanziellen und technischen Gründen die Schallschutzwand in der Höhe und der Abwickelung gebaut wurde.
Den Anwesenden wurde glaubhaft erklärt, dass die gewählte Höhe und die Abwicklung ausreichend ist, um ca. für 86% der Bürger eine spürbare Verbesserung zu erreichen. Für die Bewohner der beiden oberen Geschoße muss seitens der Wohnungsunternehmen nach einer anderen Lösung gesucht werden, da der erreichte Lärmpegel den gesetzlichen Vorgaben entspricht, aber für die Betroffenen nicht spürbar ist. Hier versprach der Umweltbeigeordnete eine entsprechende Unterstützung zu.
Zu der von vielen Bürgern geforderten Lärmmessung wurde erklärt, dass eine Lärmmessung einen erheblichen zeitlichen und personellen Aufwand erforderlich macht und mit diversen Fehlern behaftet ist. Durch die Verwendung der Daten der Verkehrszählungen ist eine rechnerische Bestimmung der Lärmbelastung problemlos möglich. Die verschiedentlich durchgeführten Nachmessungen haben gezeigt, dass die rechnerisch durchgeführte Bestimmung der Lärmbelastung stimmten.
Der Verwaltung und dem Ingenieurbüro möchte ich für die verständliche Darstellung der Lärmproblematik danken .
Mit freundliche Grüßen
Hans-Dieter Karg