Der große Kahlschlag im Kannenstieg

Zur Vorbereitung der neuen Straßenbahntrasse werden an der Johannes-R.-Becher-Straße über 120 Bäume gefällt

Kahlschlag für die neue Straßenbahntrasse in den Kannenstieg: Innerhalb von vier Tagen wurden entlang der Johannes-R.-Becher-Straße über 120 Bäume gefällt.

Von „erschreckend“ bis „furchtbar“ reichen die Meinungen der Kannenstiegler angesichts des radikalen Kahlschlags entlang der Johannes-R.-Becher-Straße. Seit Wochenbeginn wurden über 120 Bäume im rasanten Tempo gefällt. Am Donnerstag liegen noch zahlreiche Stämme entlang des Weges, während die letzten Bäume kurz vor der Ebendorfer Chaussee von der beauftragten Gartenbaufirma entfernt werden. Deren Mitarbeiter mussten in den vergangenen Tagen ein dickes Fell haben. „Ökofrevler“ gehörte noch zu den harmloseren Kommentaren, die sie sich anhören mussten.

Doch verantwortlich für die Fällaktion sind die Magdeburger Verkehrsbetriebe (MVB), die damit den Bau der neuen Straßenbahntrasse in den Kannenstieg vorbereiten. Sie ist Teil der 2. Nord-Süd-Verbindung, auf der die Straßenbahn künftig von der Endhaltestelle am Kannenstieg bis zum Damaschkeplatz rollen soll.

Bekannt ist das seit langem. Doch jetzt, wo das Ausmaß der Baumaßnahmen deutlich wird, sind viele Anwohner erschüttert. Im Alten- und Service-Zentrum wird am Donnerstag Fasching gefeiert. Doch wegen der Szenerie vor der Tür ist vielen Senioren nicht wirklich nach Feiern zumute, wie Mitarbeiterin Steffi Albers berichtet. „Die Leute sind alle entsetzt und empört. Im Garten darf man keinen Baum fällen ohne Genehmigung und hier im Wohngebiet wird alles niedergemacht. Es sieht furchtbar aus“, sagt sie.

Beobachtet werden die Fäll-arbeiten auch von Gartenpartei-Stadtrat Roland Zander. Er gehört seit Jahren zu den Kritikern der geplanten Trasse und kann nicht verstehen, wenn viele Leute erst jetzt aufwachen. „Das hätte viel früher passieren müssen“, sagt er. Längst sei alles beschlossen. Er hofft nur, dass der Fällung auch tatsächlich Taten folgen. Denn in der Kritzmannstraße, wo vor zwei Jahren aus gleichem Grund gerodet wurde, wird bis heute nicht gebaut.

Diese Sorge ist laut MVB-Sprecher Tim Stein unbegründet. Die ersten Arbeiten werden mit der Umverlegung von Leitungen in den nächsten Wochen beginnen, versichert er. Wie genau der Gleisbau im Kannenstieg erfolgen soll, wollen die MVB am 14. März ab 18 Uhr auf einer Bürgerversammlung in der Grundschule Kannenstieg bekanntgeben. Dass diese Infoveranstaltung nicht vor der Fällmaßnahme angesetzt wurde, stößt den Kannenstieglern ebenfalls sauer auf. Tim Stein verweist auf die demnächst beginnende Brutperiode, weshalb die Fällungen jetzt noch durchgeführt werden mussten.

Aufgrund der großen Kritik aus dem Stadtteil hat das Verkehrsunternehmen am Donnerstag eine Stellungnahme in den sozialen Netzwerken veröffentlicht. „Es ist traurig und auch unsere Herzen werden schwer, wenn gefällte Bäume am Straßenrand liegen und die Natur für Baumaßnahmen weichen muss“, heißt es darin. Und weiter: „Wir tun das nicht, um euch zu ärgern oder um einfach nur mal ganze Wohngebiete zu verunstalten. Im Gegenteil: Wir glauben daran, dass unsere Stadt eine grüne Zukunft hat.“ Dazu trage der Ausbau des Straßenbahnnetzes bei:

Als Ersatz für die gefällten Exemplare werden allein im Kannenstieg 131 neue Bäume gepflanzt. Außerdem wird derzeit ein Garagenkomplex abgerissen.

(Quelle: Volksstimme, 01.03.2019)

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Kommentare: 1
  • #1

    K. Müller (Mittwoch, 13 März 2019 18:20)

    Ein Trauerspiel wurde beschlossen um unsere Lebensqualität endgültig zu vernichten. Das große Betonfestival geht weiter, bis alles dem Erdboden gleichgesetzt ist. Irgendwo auf der Erde geschieht sowas durch Naturkatastrophen und hier entsprungen durch den menschlichen Geist. Ein Geniestreich der einen Orden verdient oder besser eine Wohnung direkt hier vor Ort? Wir bekommen Dreck, Staub und Lärm für die Sinne und eine schöne störend, laute, quietschende Straßenbahn. Danke

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