Kein Konzept – kein Geld

Auf 132 Seiten hat die Magdeburger Stadtverwaltung Stärken, Schwächen und Strategien für die Stadtteile notiert

Das Integrierte Entwicklungskonzept für die Stadtteile hat den Stadtrat passiert. Kritisiert wurden in der Diskussion veraltete Zahlen und das Fehlen einiger Schwerpunkte. Dennoch stimmte der Rat zu – ansonsten würde das Land nämlich keine Fördergelder mehr zahlen.

Ein wenig sputen sollten sich die Stadträte in Magdeburg mit der Beschlussfassung zum Integrierten Stadtentwicklungskonzept für die Stadtteile vor der Sommerpause. So kann – salopp gesagt – das Ansinnen der Stadtverwaltung gegenüber den Fraktionen beschrieben werden. Und das, obwohl allein zur letzten Ratssitzung zehn Änderungsanträge vorlagen.

Beschluss, damit die Gelder fließen können

Grund für die Eile: Ohne ein beschlossenes Entwicklungskonzept gibt es vom Land keine Fördermittel mehr. Und gerade was die Entwicklung in den Stadtteilen angeht, haben diese vom Land ausgereichten Gelder in den vergangenen Jahren diese vorangebracht. Kaum ein Großprojekt der vergangenen Jahre wäre von der Stadt allein zu finanzieren gewesen.

Sollte jedenfalls das Werk nicht in wenigen Wochen beim Landesverwaltungsamt vorliegen, könnte es mit den geförderten Vorhaben vom Stadtumbau bis hin zu Projekten des Programms Soziale Stadt vorbei sein.

Bei dem Konzept handelt es sich um ein Werk von 132 Seiten, auf denen unter anderem die Stärken und Schwächen der bewohnten Magdeburger Stadtteile zusammengefasst sind. Es geht um die Möglichkeiten zur weiteren städtebaulichen Entwicklung der Gebiete. Sprich: Was ist notwendig, damit sich der jeweilige Stadtteil weiterentwickeln kann. Wo werden also neue Wohnungen gebraucht? Wie soll es mit Schulen und Einkaufsmöglichkeiten weitergehen? Wie sollen die Verkehrswege in dem Gebiet entwickelt werden?

Daneben gibt es auch einen Istzustand mit Zahlen aus den Gebieten und einer Art Was-bisher-geschah. Und bei diesen Zahlen hatte es schon vor der Ratssitzung mit dem Termindruck Redebedarf bei vielen Stadträten gegeben. Kritik gab es unter anderem an Zahlen, die nicht auf dem aktuellen Stand seien, aber auch bezüglich der Rangfolge von Vorhaben oder weil manche Wünsche gar komplett fehlen.

Kann man mit einem solchen Konzept die Fördermittelgeber im Landesverwaltungsamt wirklich überzeugen? Oder verbaut sich die Stadt womöglich gar die Möglichkeiten für die Zukunft, indem sie sich auf die falschen Ziele für die Entwicklung der Stadtteile festlegt?

Zahlen und Ideen können aktualisiert werden

Nein, alle Möglichkeiten bleiben bestehen beteuert die Verwaltung. Zum einen sei die Arbeit nebenbei entstanden – ohne zusätzliches Personal parallel zur Arbeit an den aktuellen Projekten des Städtebaus in der Stadt vom Domviertel über den Blauen Bock bis hin zum Universitätsplatz oder der Strombrückenverlängerung. Und jederzeit könne das Konzept fortgeschrieben und verändert werden. In der Einleitung des dicken Wälzers heißt es dementsprechend: „Das Konzept dokumentiert Entwicklungsvorstellungen der Stadt und konkretisiert zu erreichende Ziele. Unmittelbare bodenrechtliche Wirkungen treten aber nicht ein.“ Eine Rechtsnorm sei es aber eben nicht. Und daher könne niemand aus diesem Konzept eigene Rechte ableiten. Eigentümer und Mieter würden nicht eingeschränkt. So hätten weiterhin allein die Wohnungseigentümer beispielsweise das Recht, über Wiederbelegung oder den Abriss leer stehender Wohnungen zu entscheiden. Bei der Aufstellung von Bauleitplänen sei das beschlossene Konzept jedoch zu berücksichtigen. Dementsprechend sind viele Formulierungen offen und lassen viele Spielräume zu.

Mit diesen Argumenten konnte die Verwaltung die Stadträte überzeugen: Sie beschlossen den Vorschlag und wollen die Änderungsanträge aus den Fraktionen im Bauausschuss beraten und in die Fortschreibung einpflegen. Ausdrücklich zugesichert wurde in diesem Zusammenhang der Fraktion „Linke für Magdeburg“, sich einbringen zu können, obwohl die Fraktion nicht im Bauausschuss vertreten ist.

Beispiel: Neustädter See

Bei den Stärken für den Stadtteil Neustädter See nennt die Magdeburger Verwaltung an erster Stelle die Lage am Ufer des namensgebenen Gewässers: Dies ergebe für Magdeburg einmalige Wohnlagen. Der Stadtteil sei gut ans Verkehrsnetz angeschlossen und verfüge über attraktive Angebote für die Freizeit vom Strandbad über die Schwimmhalle und viele Grünflächen bis hin zum Zoo in unmittelbarer Nachbarschaft. Der hohe Anteil an Aufzügen in den Mietshäusern erfüllt zudem eine Grundanforderung an altersgerechten Wohnraum.

Aber es gibt auch Schattenseiten. So verursacht der Magdeburger Ring verlärmte Wohnlagen. Eine Vielzahl der Wohnungen sei uniform, und es gebe kaum Möglichkeiten, dies zu ändern. Kritikwürdig sei auch ein Fehlen an kulturellen Angeboten, gastronomischer Vielfalt, Dienstleistungen und Freizeitgestaltungsmöglichkeiten. Außerdem seien teils weite Wege zu den Haltestellen zurückzulegen.

Als Strategie sei der Abriss kompletter Häuser nur in Einzellagen denkbar. Durch den Bau der Lärmschutzwand am Magdeburger Ring haben sich die dortigen Wohnlagen verbessert, andererseits werden neue städtebauliche und wohnungswirtschaftliche Optionen für die straßenbegleitende Bebauung eröffnet, wenn diese nicht mehr als Lärmbarriere für die östlichen Quartiere bewertet werden muss. Der Grünzug der Großen Sülze am nördlichen Stadtrand und seine Anbindung an die Landschaft solle durchgängiger gestaltet werden.

(Quelle: Volksstimme, 29.07.2017)

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