Blindes Vertrauen beim Balancieren

Landesverband testet mit Slackline-Verein neue Sportart für Sehbehinderte

Kann man blind auf einem dünnen Seil balancieren? Der Landesverband der Blinden und Sehbehinderten testete gestern dazu den Trendsport Slackline.

Das Balancieren auf der Slackline, einem 2,5 Zentimeter breiten Gurtband, ist bereits sehenden Auges eine Herausforderung. Wenn dann noch die Sicht genommen wird, ist es doppelt so schwer. Was aber, wenn jemand von vornherein nicht sehen kann? Wird der Trendsport leichter oder schwerer? Das wollte der Blinden- und Sehbehindertenverband Sachsen-Anhalt (BSVSA) gestern mit einem Workshop herausfinden.

Patrick Farago vom Verein Slackliner Halle e. V. hatte die Idee, das Balancieren auf dem Seil für Blinde und Sehbehinderte anzubieten. Er selbst hatte sich zuvor die Augen verbunden, um seinem Hobby einen neuen Reiz abzugewinnen. Als das nach einiger Übung gut klappte, dachte er, dass es sich gut verbinden ließe.

Bei Frank Brehmer, Sportbeauftragter beim BSVSA, stieß er damit auf offene Ohren. Er hat schon die wöchentliche Tischball-Runde für Blinde im Stadtteiltreff „Oase“ ins Leben gerufen und arbeitet derzeit daran, das Schießen mit Luftgewehr und Bogen als regelmäßiges Sportangebot für Sehbehinderte zu etablieren.

Nun also Slackline. Für alle Beteiligten war der Workshop gestern ein Experiment. Doch schon nach gut zwei Stunden sind alle überzeugt. „Ich bin überrascht, wie gut es mir gelingt“, sagt Christine Wendel. Da sie Probleme mit dem Gleichgewicht habe, sei das Balancieren auf dem Seil eine gute Übung, glaubt sie. Die Hand von Patrick Farago gibt ihr das nötige Vertrauen.

Auch der Sportbeauftragte wagt sich auf den zwischen zwei Bäumen gespannten Gurt. „Beim ersten Mal war es noch sehr wacklig“, sagt er, „weil Blinde ohnehin ungern auf weichen Untergründen gehen. Doch beim zweiten und dritten Mal ging es schon viel besser.“

Patrick Farago ist ebenfalls zufrieden. „Ich hätte nicht gedacht, dass es für sie so einfach geht“, sagt er. Teilweise musste er die Teilnehmer sogar bremsen. Gemeinsam werde man nun den ersten Versuch auswerten und prüfen, ob und wie das Balancieren regelmäßig angeboten werden kann. Es ist relativ günstig und kann im Prinzip überall betrieben werden. „Ich kann mir gut vorstellen, dass wir ein Set anschaffen, das wir zu Festen der Regionalverbände mitnehmen“, sagt Frank Brehmer.

2463 Blinde und Sehbehinderte gibt es im Land, gut 1000 sind im BSVSA organisiert.

(Quelle: Volksstimme, 10.05.2019)

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