Konflikte im Kannenstieg

Bewohner diskutieren über Integration im Stadtteil und sind sich nicht ganz einig

Mit 19 Prozent ist der Kannenstieg der Stadtteil mit der höchsten Migrationsdichte - insgesamt hat Magdeburg einen Migrationsanteil von 14 Prozent. Daher entschied sich der Integrationsforscher Daniel Kubiak der Humboldt-Universität Berlin hier zu forschen. Zwei Jahre nach Forschungsbeginn geben die Beforschten eine Rückmeldung zu seinen Ergebnissen. Seit zwei Jahren forscht Daniel Kubiak im Kannenstieg. Am vergangenen Dienstagabend stellte der Sozialwissenschaftler der Humboldt- Universität Berlin seine Zwischenergebnisse im Bürgerhaus im Norden Magdeburgs vor. Das Ziel des vom Bundesfamilienministerium geförderten Projektes „Neuaushandlungen lokaler Ordnungen“ ist es festzustellen, wie im Kannenstieg Konflikte zwischen Akteuren und Anwohnern ausgehandelt werden. Seit April 2020 habe Kubiak sich dafür im öffentlichen Straßenraum bewegt und die Leute im Alltag beobachtet, ist mit der Straßenbahn gefahren oder über den Marktplatz gegangen. Auch führte er über 20 Experteninterviews mit Akteuren des nördlichsten Stadtteils. Alle Interviewten, sowohl die Zugewanderten als auch die eingesessenen Bewohner des Stadtteils, äußerten immer wieder den Wunsch nach Ruhe.

Aufgänge in Wohnhäusern als Konflikträume

In der offenen Diskussion nach dem Vortrag äußerten einige Bewohner pauschal Kritik an den Zugezogenen, machten klar, dass sie schuld daran seien, dass der Kannenstieg ein Ort mit wenig Ruhe und wenig Ordnung sei. Die Orte, an denen es zu Konflikten kommt, seien allen voran ihre Treppenhäuser und Aufgänge in Wohnhäusern: „Die lassen ihren Müll dort einfach rumliegen und entsorgen ihn nicht richtig in die Mülltonnen.“ Andere wiederum kritisierten diese Aussagen. „Wir können die Zugewanderten nicht einfach als eine homogene Gruppe darstellen“, so eine Mitarbeiterin der Migrationsberatungsstelle. Man wisse gar nicht genau, wer wirklich für den Müll im Treppenhaus verantwortlich sei, betonte ein anderer Bewohner.

Vorschläge zur Lösung der Probleme

„Was sind eure Handlungsempfehlungen?“ wollte Kubiak später wissen. Laut einem Anwohner müsse es mehr Integrationsangebote, Sozialberatungen und Ähnliches geben. „In der Neuen Neustadt haben wir einen internationalen Hausmeister, der mit allen auf Augenhöhe sprechen kann“, betonte ein Vertreter der Genossenschaften. Ein Vertreter der Wobau machte deutlich, dass auch sie etwas tun: „Unsere Aufgabe ist es, die Mieter auf Ruhezeiten, Versicherungsschutz, Sperrmüll und Mülltrennung aufmerksam zu machen.“ Doch nicht allen Bewohnern konnte der Wind aus den Segeln genommen werden. Einige beharrten darauf, dass einfach nichts geschehen würde. Nach zwei Stunden beendete dann Kubiak die Diskussion.

Was er selbst mitnimmt?

„Es war spannend, die Aushandlung von Integration und Migration ganz live in Farbe zu erleben. Meine These, dass die Konflikte sich nicht auf den gesamten Stadtteil beziehen, sondern auf einzelne Aufgänge, wurde bestätigt.“ Doch fehlte etwas: „Leider muss man sagen, dass man die Perspektive der Zugezogenen gar nicht gehört hat es hat in gewisser Weise nur eine Gruppe gesprochen. An diesem Tag waren zwar auch Vertreter, unter anderem der Wobau, da, doch es gibt keinen gemeinsamen Raum, in dem sich alle Interessengruppen treffen können.“ Ende des Jahres läuft Kubiaks Projekt aus. Es wird ein Projektbericht für ganz Magdeburg erstellt werden. Wer noch ein Interview geben wolle, könne sich melden.

(Quelle: Volksstimme, 25.06.2022)

 

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