Sozialarbeit beginnt in der Kita

Kristin Voigt berichtet Politikern über ihre Tätigkeit in der Einrichtung „Bummi“ im Kannenstieg

Träger von Kitas und Kita- Sozialarbeit appellieren an die Politik, die wichtigen Stellen in den Einrichtungen langfristig zu sichern. In der Kita „Bummi“ kam es jetzt zum Austausch.

Seit über einem Jahr ist Kristin Voigt als Sozialarbeiterin in der Kita „Bummi“ im Kannenstieg nun bereits aktiv. Von den gut 80 Familien, deren über 100 Kinder die Einrichtung der Kitawo gGmbH besuchen, betreut sie die Hälfte, teilweise langfristig. Darunter sind auch viele alleinerziehende Mütter. Sie hilft ihnen bei Sprach- und Erziehungsproblemen oder geht mit ihnen Schreiben von Ämtern und Behörden durch. Gibt es Verständigungsprobleme, besorgt sie einen Dolmetscher. Sie macht Dinge, die die 16 Erzieherinnen der Kita längst nicht mehr geschafft haben, und erleichtert ihnen somit die Arbeit. „Es ist schwierig für uns, sich allen Problemen zu widmen. Es gibt immer mehr besondere soziale Bedarfslagen. Die Verständigung ist eine große Herausforderung“, verdeutlicht Kita-Leiterin Iris Schulze. Im Rahmen der vom Awo Landesverband initiierten Sommertour „Politik trifft Praxis“ berichtete Kristin Voigt am Mittwoch einigen Politikern von ihrer Tätigkeit. Neben den Landtagsabgeordneten Tobias Krull (CDU) und Konstantin Pott (FDP) waren auch Julia Brandt (SPD) und Tim Rohne (CDU) aus dem Magdeburger Stadtrat der Einladung gefolgt. Sie hörten sich die Vorteile der Kita-Sozialarbeit an, aber auch welche Probleme es gibt.

Ausländeramt ausgebucht

So sei es aktuell schwierig, bei der Ausländerbehörde einen Termin zu bekommen, wie Kristin Voigt erklärte. In der Kita „Bummi“ liegt der Anteil der betreuten Kinder mit Migrationshintergrund bei über 50 Prozent mit einem guten Dutzend Nationen. „Da läuft der Aufenthaltstitel aus und kann nicht verlängert werden, weil es keinen Termin gibt“, verdeutlichte sie. Das sorge für Existenzängste bei den Eltern, die sich wiederum auf die Kinder auswirken können, ergänzte Awo-Geschäftsführerin Andrea Zander. Und um die Kinder geht es schließlich bei der Kita-Sozialarbeit. Sie sollen durch die Arbeit von Kristin Voigt soziale Kompetenzen aufbauen, um später gleiche Bildungschancen zu haben. In den Schulen gibt es das schon länger. Der Deutsche Familienverband, über den auch Kristin Voigt angestellt ist, betreut zahlreiche Schulen in der Stadt. „Wir haben von unseren Mitarbeitern immer wieder die Rückmeldung erhalten, dass man früher mit der Sozialarbeit anfangen müsse“, berichtete Geschäftsführer René Lampe. Der Stadtrat hatte dies bereits 2020 erkannt und die Kita-Sozialarbeit auf den Weg gebracht.

18 Kitas mit eigener Stelle

Christin Rose ist im Jugendamt die Koordinatorin für die 18 Einrichtungen in der Stadt, die davon profitieren. Von insgesamt 143 Einrichtungen hatten fast alle Bedarf dafür angemeldet, erklärte sie. Finanziert werden können bislang aber nur die 18 Kitas mit dem größten Bedarf, der Großteil über das Kinderfördergesetz des Landes, einige wenige über das Gute-Kita-Gesetz. Die Finanzierungen laufen Ende 2023 beziehungsweise Ende 2024 aus. Die Zukunft ist ungewiss. Deswegen trommeln die Träger dafür, dass die Weichen frühzeitig für eine Verlängerung und Verstetigung gestellt werden. Derzeit kommen gut 900 000 Euro vom Land für die Stellen. Magdeburg habe dabei bundesweit eine Vorreiterrolle, weil hier jede der teilnehmenden Kitas eine Vollzeitstelle habe, betonte René Lampe. Anderenorts müssten Sozialarbeiter ihre Zeit auf mehrere Einrichtungen verteilen, die Arbeit würde darunter leiden. In Magdeburg kann sich Kristin Voigt voll und ganz auf die „Bummi“-Kinder konzentrieren. „Wir sind sehr froh, dass man sich hier so entschieden hat. Der Bedarf ist da“, sagte Iris Schulze. „Ich habe hier mein Büro, das für alle Eltern offensteht“, sagte die Sozialarbeiterin, die außerdem mit den Kindern und Erzieherinnen arbeitet. So bereitet sie derzeit beispielsweise die Gründung eines Kinderrats vor, um deren Beteiligung an Entscheidungen zu fördern. Sogar ein Krippenkind ist dort bereits dabei, erzählte sie.

Bund in der Pflicht

Tobias Krull sieht in der Frage der Finanzierung auch den Bund in der Pflicht. Die Nachricht, dass das Projekt Sprachkita wohl nicht fortgesetzt werde, sei fatal, erklärte er. Die „Bummi“-Kita hat darüber eine Sprachkraft, die dann wegfallen würde. Auch die Zukunft des Gute-Kita-Gesetzes müsse in Berlin entschieden werden. „Uns müssen sie nicht von der Notwendigkeit der Sozialarbeit überzeugen“, sagte er für die vier anwesenden Politiker.

(Quelle: Volksstimme, 28.07.2022)

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